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Gianni Berengo Gardin: Preisträger Leica Oskar Barnack Award 1995

Gianni Berengo Gardin zum zweiten Mal ausgezeichnet

Am 15. November 2017 wurde der italienische Fotograf Gianni Berengo Gardin für sein Lebenswerk von der Leica Camera AG mit dem Leica Hall of Fame Award in Rom ausgezeichnet – bereits die zweite große Ehrung, die Berengo Gardin mit Leica verbindet, war er doch schon 1995 Gewinner des Leica Oskar Barnack Award. Immerhin 22 Jahre liegen zwischen diesen beiden Ereignissen, eine Zeitspanne, in der sich die Welt der Fotografie komplett verwandelt hat, medial, strukturell und auch ästhetisch. Dabei erscheint das Lebenswerk von Berengo Gardin heute umso klassischer und hat nichts von seiner Qualität eingebüßt.

Auch 1995 war der Leica Oskar Barnack Award schon ein renommierter Wettbewerb, selbst wenn die Jury seinerzeit „nur“ aus 100 Einsendungen aus 18 Ländern den Preisträger auswählen musste. Welchen Bedeutungswandel der Wettbewerb erfahren hat, zeigen allein die aktuellen Zahlen, denn 2017 waren es immerhin rund 2.700 Fotografen aus insgesamt 104 Ländern, die ihre Bildserien für den Leica Oskar Barnack Award einreichten.

Gleich geblieben ist die Anzahl der Motive einer Serie, denn auch noch heute werden von den Fotografen jeweils zwölf Arbeiten vorgestellt. Berengo Gardins Gewinnerserie von 1995 hatte den Titel „Das verlorene Glück“ und gab Einblick in die Lebenswelt italienischer Roma und deren Lebensfreude, „die durch den Verlust jeglichen sozialen Status teilweise verloren ging, die in den Familien aber unverändert weiterlebt“, so die Stellungnahme der Jury: „Gianni Berengo Gardin bringt mit dieser Bildserie in hervorragender Weise und mit treffsicherer Beobachtungsgabe die positive Beziehung des Menschen zu seiner Umwelt zum Ausdruck.“ Ohne Zweifel hat der 1930 geborene Fotograf maßgeblich den italienischen Bildjournalismus geprägt. Sein unvergleichlicher Blick auf Land und Leute, den Alltag und die besonderen Momente des Lebens lassen seine Arbeiten unverwechselbar erscheinen. Immer wieder ist es ihm gelungen, die Balance zwischen tagesaktueller Bilderzählung und zeitlosem Moment zu halten. Er veröffentlichte nicht nur in Zeitungen und Magazinen, sondern die Zahl seiner Buchpublikationen beläuft sich mittlerweile auf die sagenhafte Zahl von 200 Titeln.

„Ich lebe durch meine Fotografie. Sie war meine eigentliche Schule.“

Das Werk und die Karriere des Fotografen sind seit über 60 Jahren eng mit Leica verbunden: „Meine Beziehung zu Leica begann schon bevor es das M-System überhaupt gab. Lange davor, mit einer Leica IIIc. Dann, als 1954 die M3 herauskam, wurde es zu einer unbändigen Leidenschaft. Ich hatte alle M-Modelle, die seit damals herausgebracht wurden. Bis zur M7, die noch immer im Gebrauch ist. Sie verwende ich am meisten. Für mich ist die Leica nicht irgendeine Kamera, sondern DIE Kamera.“ Kein Wunder also, dass all seine Fotoapparate in Vitrinen einen Ehrenplatz in seinem Haus gefunden haben. Hier schließt sich der Kreis, denn ein ganz besonderes Sammlerstück ist jetzt im Rahmen des Leica Hall of Fame Award noch dazu gekommen: eine speziell für ihn angefertigte Leica M-A. Vollmechanisch und analog. Hier wird sich der Fotograf in seiner Arbeitsweise treu bleiben und der Zeitsprung von 22 Jahren erscheint in diesem Fall gar nicht mehr so groß.

Noch mehr Einblicke in das Leben und Werk des Fotografen bieten das Interview und der Film, der anlässlich seiner Ehrung mit dem Leica Hall of Fame Award produziert wurde.

Der frisch gekürte Leica Hall of Fame Gewinner Gianni Berengo Gardin zwischen Karin Rehn-Kaufmann und Dr. Andreas Kaufmann, die ihm gerade seine speziell für ihn angefertigte Leica M-A überreicht haben. Rom, 15. November 2017

Kurator Hans-Michael Kötzle, Karin Rehn-Kaufmann, Roberto Koch (Contrasto), Dr. Andreas Kaufmann und Gianni Berengo Gardin haben die Ausstellung „I Grandi Maestri. 100 anni di Fotografia Leica“ im Complesso del Vittoriano – Ala Brasini eröffnet. Rom, 15. November 2017

Gianni Berengo Gardin während seiner Ehrung am 15. November 2017 in Rom – der Fotograf (Jahrgang 1930) hat wie kaum ein anderer den italienischen Bildjournalismus geprägt. Rom, 15. November 2017

Gianni Berengo Gardin

Gianni Berengo Gardin wurde am 10. Oktober 1930 in Santa Margherita (Ligurien) geboren und verbrachte seine Kindheit in Rom. Nach dem Zweiten Weltkrieg zog seine Familie nach Venedig. Berengo Gardin, seit früher Jugend Amateurfotograf, entschied sich für die professionelle Fotografie und arbeitete bis 1965 als Fotoreporter für die Zeitschrift „Il Mondo“. 1964 zog er nach Mailand, wo er ein Studio für Mode-, Werbe- und Still-Life-Fotografie eröffnete.

Viele seiner Aufnahmen werden derzeit im Rahmen der großen Ausstellung „Grandi Maestri. 100 Anni di Fotografia Leica“ im Complesso del Vittoriano – Ala Brasini in Rome vom 16. November 2017 bis zum 18. Februar 2018 präsentiert. Unter diesem Titel hat die erfolgreiche Wanderausstellung „Augen Auf! 100 Jahre Leica Fotografie“ bereits ihre neunte Station gefunden.

Foto: © Maurizio Beucci