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JH Engström – Tout Va Bien, 2015

JH Engström – Tout Va Bien, 2015

In seiner Serie, für die er 2015 mit dem LOBA ausgezeichnet wurde, setzt der schwedische Fotograf existenzielle Zustände ins Bild. Ohne sich auf einen Stil festzulegen, sammelt er in ländlichen und urbanen Szenen Eindrücke, die mit seinen Emotionen korrespondieren. Auf diese Weise erforscht er, worum sich das Dasein dreht.

In „Tout Va Bien“ geht es nicht klassisch-traditionell um ein konkretes Thema. Der Fotograf arbeitet stark assoziativ, verfolgt eine fotografische Erzählung, die stark autobiografisch geprägt ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass er ausschließlich aus seinem eigenen Leben berichtet. In „Tout Va Bien“ reihen sich ganz unterschiedliche Motive aneinander. Die Gewinnerserie umfasst Porträts und Landschaften gleichermaßen sowie auch intime Momentaufnahmen, beispielsweise von der Geburt seiner Zwillinge. Engström spielt mit den Gegensätzen und überlässt es dabei dem Betrachter, eine eigene Lesart und Bedeutung in jeder Aufnahme zu finden. „Ich fotografiere seit 20 bis 25 Jahren, da hat sich schon einiges angesammelt. Ich ziehe kein stilistisches Element einem anderen vor. Alles hängt davon ab, was man ausdrücken will und warum. Ich benutze Farbe, Schwarzweiß, Schärfe, Unschärfe, natürliches Licht, Großformat- und Wegwerfkameras, 8-mm-Kameras, Polaroids, Mittelformatapparate, 135 mm ... alles Mögliche“, so berichtete der Fotograf 2015 über seine Arbeit in einem Interview, in dem er auch sein Prinzip der „Visual Poetry“ erläuterte: „In meiner neuen Serie ‚Tout Va Bien‘ – sie besteht aus 93 Bildern – wird das deutlich.“

„Nachdem ich einige Bücher veröffentlicht hatte, die ein konkreteres und umrissenes Thema haben wie etwa Paris in ‚Sketch of Paris‘ oder mein Heimatland in ‚From Back Home‘ oder ‚La Residence‘, in dem es um Brüssel geht, lege ich mit ‚Tout Va Bien‘ eine assoziative fotografische Erzählung vor. Mit ihr habe ich mich vom traditionellen fotografischen Thema wunderbar freigemacht.“

Der Fotograf hat fast 20 Bücher veröffentlicht. Für ihn ist ein Buch „der ultimative Ausdruck von Fotografie. Ein Fotoband in hoher Qualität wird einem Bild zu 100 Prozent gerecht. Als solches interessiert es mich. Außerdem ist das Buch ein wichtiger Bestandteil der Ausdrucksweise. Für mich sind Bilder auch immer mit einer bestimmten taktilen Erfahrung verbunden.“

„Mir ist klar, dass meine Fotos mein Schutz sind, mehr als alles andere.“

Inspiration erfährt der Fotograf in verschiedenen Künsten – der Literatur und Musik genauso wie der Malerei. Engström ist ein visueller Langstreckenläufer: „Ich habe die Serie ‚Tout Va Bien‘ über Jahre hinweg zusammengestellt, ein langer, weiter Weg. Ich glaube, ich habe 15 Vorversionen von ‚Tout Va Bien‘ in meinem Studio, die ich immer wieder überarbeitet und verworfen habe. Aber jetzt ist die finale Version gedruckt, und die Karten liegen auf dem Tisch.“

(Text aktualisiert 2020)

J. H. Engström

1969 in Karlstad, Värmland, geboren, wo er aufwuchs, bis die Familie nach Paris zog, als er zehn Jahre alt war. Eine überwältigende Veränderung, die ihn schon früh dazu brachte, sich mit der eigenen Existenz auseinanderzusetzen und eine Vision zu entwickeln, die in diesen gegensätzlichen Lebenswelten wurzelt und der langsamen Energie der schwedischen Landschaft die Begeisterung für das Pariser Leben entgegensetzt. 1993 zog er nach Stockholm, wo er das Labor mit dem Fotografen Anders Petersen teilte, der einen entscheidenden Einfluss auf die expressive Dimension seines Werks hatte. 1997 machte er an der Fakultät für Fotografie und Film der Universität Göteborg seinen Abschluss. „Tout Va Bien“ wurde 2015 bei Aperture veröffentlicht. Heute lebt und arbeitet er in Paris und Smedsby, Värmland.

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