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Leica Oskar Barnack Award Newcomer 2012: Piotr Zbierski „Pass by Me“

Piotr Zbierski – Pass by Me, Newcomer 2012

Gefühl und Passion, die auf Bildern Form annehmen: Der polnische Fotograf nimmt den Betrachter mit auf eine Reise, bei der er den Kontext im Dunkeln lässt, was seine impulsiven Fotografien umso ungewöhnlicher macht. Zwar war er in Europa und Asien unterwegs, doch eigentlich geht es in der Serie mit der er 2012 als LOBA-Newcomer ausgezeichnet wurde, um seine eigene innere Reise.

Abschied und Anfang, Erinnerungen und Emotion, Schwarzweißbilder: Für Piotr Zbierski verbinden Fotos eine bruchstückhafte Vergangenheit. Seine Serie „Pass by Me“ schließt des Langzeitprojekt „White Elephants“ ab und symbolisiert das Ende einer großen inneren und äußeren Reise. „Es ist der letzte Teil des Projekts und behandelt das Gefühl, dass ein wichtiges Kapitel in meinem Leben vorbei ist. Ich fühle, dass ich mich verändert habe, und meine Bilder haben sich ebenso verändert“, bekannte er 2012: „‘Pass by Me‘ heißt, dass ich bereit bin, ein neues Kapitel aufzuschlagen“.

„Ich habe die Fotografie ausgewählt, da sie mich den Menschen sehr nahebringt. Sie ist das einzige Medium, das mich in seiner Direktheit die Existenz der Fantasie in der realen Welt zeigen lässt.“

Jahrelang hatte ihn seine Arbeit als Fotograf an unterschiedliche Orte gebracht: von Ost- nach Westeuropa und schließlich nach Asien. Dabei ist es allerdings nicht der geografische Kontext, der in seinen Bildern eine Rolle spielt. Raum und Zeit werden auf seinen Aufnahmen zur Nebensache, geraten in den Hintergrund. Vielmehr ist es Zbierskis persönliche Vorstellungskraft, die sich mit seinen Aufnahmen Bahn bricht. Seine Bilder sind so vielseitig, wie es nur Emotionen sein können: Mal zeigen sie das Motiv schemenhaft, mal ganz klar, mal sind sie nur ein verzerrtes Abbild – und trotzdem sind sie alle nicht abstrakt. In seinen Aufnahmen konzentriert er sich auf Gesichter, Gesten, den Ausdruck von Gefühlen und Beziehungen. Dabei sollen seine Bilder nicht originell, sondern authentisch sein. Sie zeigen Szenen mitten aus dem Leben, präsentieren Menschen und Landschaften. Und auch, was auf den ersten Blick wie ein Schnappschuss aussieht, offenbart sich auf den zweiten Blick als eine genaue Komposition.

„Bei der Fotografie geht es nicht darum, originell zu sein, sondern authentisch.“

Die Schwarzweißfotografie ist ihm wichtig. Durch die Kontraste der Grautöne erzielt er eine besondere Bildwirkung, ebenso wie mit der expressionistischen Belichtung. Tatsächlich sind es nicht die Motive und Begegnungen, die während seiner Reise an ihm vorüberziehen – wie es der Titel der Serie vielleicht vermuten lässt –, sondern es ist das jeweilige, ganz persönliche Gefühl, das sich in seinen entrückten Bildern manifestiert. „Fotografie bedeutet für mich eher suchen als finden“, erläutert Zbierski. „Natürlich will auch ich diese Antworten wissen“, fügt er hinzu, „doch immer dann, wenn ich diese natürliche Neugier vergesse, kann ich Bilder machen. Für mich ist Fotografie eine Passion, und manchmal auch eine Obsession“, erklärt Zbierski den Widerspruch in seiner Arbeit. „Manchmal deprimiert sie mich, und manchmal macht sie mich auch sehr glücklich.“

(Text aktualisiert 2020)

Interview mit Piotr Zbierski (2016)

Piotr Zbierski

Piotr Zbierski wurde 1987 in Łódź geboren und studierte von 2006 bis 2012 an der Nationalen Filmschule Fotografie. Sein Werk wird international ausgestellt. Seine erste umfassende Publikation „Push the Sky Away“ erschien 2016, 2020 veröffentlichte er den Bildband „Echoes Shades“.

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