Ismail Ferdous und Ziyi Le: neue Bildbände der LOBA-Gewinner 2023
Die beiden LOBA-Gewinner 2023 haben ihre ausgezeichneten Serien „Sea Beach“ und „Newcomer“ nun als Bildbände veröffentlicht. Erschienen sind die beiden Bücher im chinesischen Verlag Imageless.
Bei der Vorstellung ihrer Serien im letzten Jahr äußerten beide LOBA-Gewinner die Hoffnung, ihre Arbeiten auch in Form eines Bildbandes veröffentlichen zu können. Nun ist es so weit; die beiden Publikationen geben mit 95 und 48 Abbildungen vertiefende Einblicke in die Projekte „Sea Beach“ und „Newcomer“.
Ismail Ferdous: Sea Beach
Der sich über 120 Kilometer erstreckende Strand von Cox’s Bazar entlang des Golfs von Bengalen ist ein Sehnsuchtsort, auch für den Fotografen: Seit frühester Kindheit verbrachte er dort mit seiner Familie unbeschwerte Urlaubstage, als Erwachsener kehrte er immer wieder an diesen Ort zurück. „‚Sea Beach‘ ist aus den Fäden meiner Kindheitserinnerungen gewebt“, sagt Ferdous. Der beliebte Anlaufpunkt für viele Bewohnerinnen und Bewohner des Landes am Golf von Bengalen gilt als kultureller Schmelztiegel, denn dort suchen jedes Jahr Millionen von Menschen aus den unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten für einen Moment Entspannung, Erholung und Ablenkung. Die kulturelle Vielfalt von Bangladesch präsentiert sich am Strand in leuchtenden Farben und auf prächtigste Weise.
„Der Strand von Cox’s Bazar ist ein begehrter Zufluchtsort in der Natur für ein überbevölkertes Land. Er ist ein Ort, an dem sich jede Gesellschaftsschicht einen Urlaub leisten kann. Es herrscht ein bemerkenswerter Mangel an Eile, als ob die Zeit selbst dafür plädiert hätte, die Lasten aller am Strand abzulegen.“
Doch Cox’s Bazar hat auch eine andere Seite, nur einen Hügelkamm vom Strand entfernt: „Im Jahr 2017 kehrte ich nach Cox’s Bazar zurück. Die Geschichte hatte das Gebiet zu einem sicheren Zufluchtsort für mehr als eine Million Rohingya gemacht, die vor ethnischen Säuberungen aus Myanmar geflohen waren. Über Jahre hinweg dokumentierte ich die tiefgreifende Vertreibung der Menschen. Der Strand lag nur wenige Kilometer von den Flüchtlingslagern entfernt, aber erst Anfang 2020 fand ich Zeit, an die Küste meiner Jugend zurückzukehren. Mein Blick war inzwischen von den Strömungen anderer Ozeane gefärbt, und die Rückkehr nach Cox’s Bazar fühlte sich an, als würde ich in die Korridore der Erinnerung eintreten, die durch die zeitliche und räumliche Entfernung aufeinander abgestimmt sind.“
Ismail Ferdous
Ismail Ferdous ist 1989 in Bangladesch geboren und lebt heute zwischen New York City und Bangladesch. Er ist Mitglied der Agence VU’ in Paris und engagiert sich für soziale, kulturelle und humanitäre Themen. Mit der Fotografie begann er bereits während seines Studiums an der Business School in Dhaka. Nach dem Einsturz der Bekleidungsfabrik Rana Plaza in Dhaka im Jahr 2013, einer der schlimmsten Industriekatastrophen in der Geschichte Bangladeschs, bei der mehr als 1100 Arbeiterinnen und Arbeiter ums Leben kamen, setzte Ferdous mit seinen Dokumentarfilm- und Fotoprojekten „The Cost of Fashion“ und „After Rana Plaza“ ein Zeichen gegen die verheerenden Auswirkungen der „Fast Fashion“-Industrie. Die Themen Migration und Flucht hat er auf vier Kontinenten fotografisch begleitet. Ferdous arbeitet für die wichtigsten internationalen Zeitungen und Magazine, seine Arbeiten wurden vielfach ausgezeichnet, so auch „Sea Beach“ mit dem Leica Oskar Barnack Award 2023.
156 Seiten, 95 Farbabbildungen, 20 × 28 cm, Englisch/Bengalisch, Imageless
www.imagelessbooks.com
Ziyi Le: Newcomer
Motiviert durch seine eigenen Gefühle der Entfremdung und Isolation, die er nach seinem Umzug nach Hangzhou erlebte, begann der chinesische Fotograf vor vier Jahren mit der Porträtserie. Sein Projekt startete er über Weibo, ein Twitter-ähnliches Portal für Kurznachrichten in China, über das er Interessierte für die sensible Porträtserie fand. Sein damaliger Aufruf: „Als Außenstehender, der seit neun Monaten in Hangzhou lebt, bin ich sehr daran interessiert, den Lebensstil, die Geisteshaltung und die spirituelle Einstellung von Neuankömmlingen wie mir zu verstehen. Wenn Du jemand bist, der an einem neuen Ort lebt, bin ich gern bereit, Deine Situation zu dokumentieren.“ Für ihn waren die darauf folgenden inszenierten Fotoshootings auch eine Reflexion über seine eigenen Selbstzweifel und das Gefühl von Entfremdung und geistiger Leere. „In diesem Werk kreuzten sich unsere Wege für einen Moment, und dann gingen wir wieder getrennte Wege“, so Le. Entstanden ist ein berührendes Porträt der „New Comer“, einer Generation auf der Suche nach ihrem Platz in der Gesellschaft, nach persönlicher Weiterentwicklung.
„Während meines gesamten Heranwachsens kommunizierte ich wenig, war lange Zeit entfremdet, was mir das Gefühl gab, mitten im Nirgendwo zu sein. Aus meinem Urinstinkt als Fotograf heraus beschloss ich, die ähnliche Lage junger Leute, die in verschiedenen Städten verstreut leben, zu erforschen, um in ihren Gesichtern auch meine tiefen Selbstzweifel zu überprüfen.“
Ziyi Le
Ziyi Le ist 1993 in Fujian geboren und lebt derzeit als freier Fotograf in Yunnan. Sein LOBA-Projekt begann er im März 2020, als er aus beruflichen Gründen nach Hangzhou gezogen war, sich aber in der Routine des Berufs zu langweilen begann. So entwickelte er eine Porträtserie seiner eigenen Generation. Mit der Serie „New Comer“ wurde er mit dem Leica Oskar Barnack Award Newcomer 2023 ausgezeichnet.
100 Seiten, 48 Farbabbildungen, 21 × 23 cm, Englisch/Chinesisch, Imageless
www.imagelessbooks.com