Forough Alaei: Underneath the Calm Streets of Iran
Die Bilder der iranischen Fotografin könnten durch ihre Bildästhetik auch der Modewelt entsprungen sein. Dadurch wirken die Bilder im Gegensatz zur Umgebung, in der der Alltag durch viele Restriktionen bestimmt ist, frisch und modern. Im Fokus der Fotografin steht die sich im Untergrund weiterentwickelnde Bewegung, in der sich Frauen von den offiziellen Vorschriften emanzipieren.
In ihrer Serie fokussiert die Fotografin auf Alltagssituationen am Rand des Hauptgeschehens, die heiter und positiv wirken. „Ich neige nicht zu den dunklen Seiten der Themen; ich möchte nicht diejenige sein, die die Menschen hoffnungslos macht. Daher versuche ich, die kleinen Keimlinge zwischen dem Staub und dem Müll zu finden, die uns zeigen, dass wir als Menschen dazu bestimmt sind, hoffnungsvoll zu sein und uns weiterzuentwickeln. Wenn zum Beispiel alle über die Beschränkungen für Frauen im Fußball sprechen, habe ich versucht, die mutigen weiblichen Fans zu finden, die einen Weg gefunden haben, als Männer in die Stadien zu gehen. Da es immer wieder Geschichten über die Unterdrückung von Frauen gibt, habe ich mich auf Frauen konzentriert, die die Tabus in ihrem Leben gebrochen haben und zu inspirierenden Persönlichkeiten wurden“, beschreibt die Fotografin, wonach sie auf ihren Streifzügen durch den Iran sucht.
„Ich habe eingefangen, wie Menschen Wege finden, ihre Stimmung zu verbessern und Spaß in ihrem Leben zu haben.“
Die Verwendung starker Farben, gleißenden Lichts und eines harten Blitzes in ihrer Bildästhetik, die sich vergleichsweise auch bei progressiven Modeunternehmen findet, unterstreicht den positiven Grundtenor und die Vorwärtsgewandheit ihrer Bilder. Was sie mit ihrem Projekt erreichen will, legt sie folgendermaßen dar: „Ich habe versucht, zwei Hauptaspekte der Entwicklungen im Iran aufzuzeigen. Erstens: Die Wurzeln der sich momentan verändernden Gesellschaft liegen in der Vergangenheit, und hinter ihnen stehen starke Menschen. Zweitens bedeutet eine nach außen hin konform wirkende Gesellschaft keineswegs, dass es keine Veränderungen in ihr gibt. Es sind die kleinen Schritte durch Einzelne, die zu einem großen und scheinbar plötzlichen Wandel in einer Gesellschaft als Ganzes führen.“ Natürlich lägen noch große Herausforderungen vor den Frauen in dem konservativen Land, aber die Sichtbarkeit leuchtender Beispiele und Vorbilder nähmen zu, und Frauen seien in diesen Tagen bestimmter geworden in der Absicht, für ihre Rechte zu kämpfen. „Seit sie die Solidarität der Gesellschaft angesichts der jüngsten Probleme und Bewegungen gesehen haben, ist ihr Wille noch einmal weiter gewachsen“, liest Alaei aus dem aktuellen Zeitgeist ab.
Vorgeschlagen wurde Forough Alaeis Serie von Antonia Benedetta Donato, die zur diesjährigen Gruppe der 80 internationalen LOBA-Nominatoren gehört.
Forough Alaei
Forough Alaei wurde 1989 in Arak, Iran, geboren. Sie studierte Jura und war begeisterte Malerin. Der Arbeit mit der Kamera widmete sie sich als Autodidaktin nach ihrem Studium. 2015 wurde sie Fotojournalistin für die Zeitung „Donya-e Eqtesad“, die bekannteste wirtschaftliche Tageszeitung im Iran. Ihre Arbeiten wurden in verschiedenen Publikationen wie „Time“, „The New Yorker“, „The Guardian“, „Paris Match“, „Le Monde“, „De Volkskrant“ und der „Zeit“ veröffentlicht.
Porträt: © Tina Nekoofar