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Michal Solarski: „Rest Behind the Curtain“

Finalist 2019: Michal Solarski

„Nostalgie, Erfahrungen und Erinnerungen“ möchte Michal Solarski mit seinen Bildern aus Ostblock-Sanatorien ausdrücken. Solarski, der selbst in Polen geboren wurde und als Kind seine Ferien regelmäßig am Balaton verbrachte, besuchte für sein Projekt Kurheime in Ungarn, der Ukraine, Georgien, Tadschikistan und Kirgisistan.

In der ehemaligen Sowjetunion war das „Recht auf Erholung“ für alle Bürger in der Verfassung von 1936 verankert. Man erhielt sogenannte „putevki“, Gutscheine, um in bestimmte Sanatorien zu reisen. Neben kultureller Bereicherung und Bildung bestand das Ziel darin, den Urlaubern zu ermöglichen, ihre Gesundheit und Energie wiederzuerlangen und gestärkt an den Arbeitsplatz zurückzukehren. Sowjetische Urlauber begannen den Sanatoriumsbesuch mit einem Termin beim Arzt, der ein maßgeschneidertes Programm mit Gymnastik, Ernährungsempfehlungen und Anwendungen zusammenstellte. Traditionelle Therapien wie Mineralwasserbäder wurden ebenso angeboten wie seinerzeit innovative Behandlungen wie Elektro- und Radontherapie.

„Ich versuche, in die Vergangenheit einzutauchen, um Bilder aus den Erfahrungen und Erinnerungen von jemandem zu schaffen, der hinter dem Eisernen Vorhang geboren und aufgewachsen ist.“

Seit dem Fall des Eisernes Vorhangs hat sich viel verändert. Der Jahresurlaub dient öfter dem Hedonismus als der Gesundheitsprophylaxe und auch die physischen Orte der Erholung sind dem Wandel der Zeit unterworfen. Die damals utopisch-futuristische Architektur wirkt heute verfallen und deplatziert. Sanatorien wie das georgische Spa in Tskaltubo wurden zu Beginn der 1990er-Jahre zweckentfremdet und in Unterkünfte für Tausende georgische Flüchtlinge umfunktioniert. Diese Gebäude stehen heute verlassen da und erinnern nur noch entfernt an ihre große Vergangenheit.

Michal Solarski zeigt diese Szenerien in „Rest Behind the Curtain“ keineswegs trostlos, sondern mit einem Auge für das Makabre und Performative. Seine Bilder haben oft einen absurden Bildmittelpunkt: Menschen vor einer befremdlichen Apparatur, Plastik-Flamingos am Strand, ein Äffchen im leeren Auditorium, ein Lada in der Rezeption – hier mischt sich die Nostalgie mit einer ordentlichen Portion Humor, die das Ganze auflockert und zugänglich macht. Ein ironischer Blick auf eine vergangene Zeit, deren Werte in den Wellnesstempeln des Westens weiterleben.

Michal Solarski

Nachdem Solarski in Polen seinen Master in Politik erworben hatte, zog er nach London und studierte am London College of Communication, wo er einen weiteren Master-Studiengang in Dokumentarfotografie abschloss. Er lebt in London, wo er seine Zeit zwischen freien und kommerziellen Projekten aufteilt. Viele seiner Arbeiten enthalten autobiografische Elemente und wurden u.a. in „Time“, „National Geographic“, „Wired“ und im „Guardian“ veröffentlicht.

Porträt: © Yarek Baranik