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Leica Oskar Barnack Award Newcomer 2009: Dominic Nahr „The Road to Nowhere“

Dominic Nahr – The Road to Nowhere, Newcomer 2009

Es sind Bilder gegen das Vergessen. Die mit dem 2009 erstmals vergebenen Newcomer-Award ausgezeichnete Serie ist eine schonungslose Dokumentation, die einen der brutalsten Konflikte Afrikas thematisiert. In den Mittelpunkt stellte Dominic Nahr die dramatische Situation der Flüchtlinge im Osten der Demokratischen Republik Kongo.

Weltweit Schauplätze von Tragödien aufzusuchen und in Bildern zu dokumentieren, wie die Krise das Leben der Menschen verändert, ist seit vielen Jahren der Beruf des Kriegs- und Krisenreporters Dominic Nahr. Die Erfahrungen, die er in der Demokratischen Republik Kongo gesammelt hat, sind ein entscheidender Moment in seinem Leben.

„Die Arbeit, die ich in der Demokratische Republik Kongo produziert habe, war für mich ein Wendepunkt in meinem Leben.“

Krieg im Kongo: Ende 2008 steht Nahr noch am Anfang seiner Karriere, der damals 25-Jährige ist erstmals auf dem ihm unvertrauten Kontinent: „Bevor ich in den Kongo reiste, war ich noch nie in Afrika gewesen. Ich hatte gehört, dass die Kämpfe eskalierten, und fühlte, dass es sogar noch schlimmer werden würde. Ich war dennoch neugierig auf diesen Ort, der anscheinend nicht angemessen beschützt worden war“, erinnert sich der Fotograf.

Im Oktober 2008 übernahmen Tutsi-Rebellen die Kontrolle über die Hauptstraßen im östlichen Kongo. Mehr als 250.000 Zivilisten flohen über die Grenzen, verzweifelt auf der Suche nach etwas, das nirgends zu finden war: Sicherheit. Explosionsartig brachen Chaos, Gewalt und Grausamkeit aus. „Weder in Asien, wo ich aufgewachsen bin, noch in Kanada, wo ich studierte, habe ich etwas über Afrika gehört. Ich musste alles mit eigenen Augen sehen, ungefiltert“, berichtet Nahr. Er stellte sich mitten in den Krieg: Seine Bilder schreien und schweigen, der Betrachter leidet und hofft, einen Ausweg zu finden. Bis heute lassen ihn die Aufnahmen erschaudern bei der Vorstellung, wo und wie sie aufgenommen wurden, und gleichzeitig stockt der Atem ob der bizarren Ästhetik, die sich dennoch in Nahrs Bildgestaltungen findet. Es gleicht einem Wunder, dass er das Inferno physisch unverletzt überlebte.

„Ich hatte das große Glück, die LOBA Newcomer-Auszeichnung zu erhalten, als meine Karriere gerade in Schwung kam.“

„Der Kongo war meine erste Erfahrung in Afrika, aber sie ging so tief, dass ich danach nach Nairobi ging. Afrika lässt mich nicht mehr los.“ Rückblickend berichtet er: „Die Arbeit, die ich in der Demokratischen Republik Kongo produziert habe, war ein Wendepunkt in meinem Leben. Es ist das Land, das ich meine erste Liebe in Afrika nennen kann. Nachdem ich einige Monate über den Krieg und die humanitäre Krise im Osten des Landes berichtet hatte, beschloss ich, auf den Kontinent zu ziehen und lebte fast zehn Jahre in Nairobi. Von dort aus konnte ich an Themen in der Region arbeiten, die mich interessierten, wie im Südsudan oder in Somalia.“

(Text aktualisiert 2020)

Interview mit Dominic Nahr (2016)

Dominic Nahr

Dominic Nahr wurde 1983 in Appenzell, Schweiz, geboren und wuchs in Hongkong auf. Im Jahr 2008 schloss er sein Studium in Toronto mit einem Bachelor of Fine Arts ab und zog 2009 nach Nairobi. Nahr widmet sich der Dokumentation von Konflikten, humanitären Krisen und kritischen sozialen Fragen. Zahlreiche Auszeichnungen, u.a. hat er einen World Press Photo und einen Swiss Press Photo Award erhalten. 2015 wurde Nahr, der auch Gründungsmitglied der Foto-Agentur MAPS ist, von der Swiss Photo Academy zum Fotografen des Jahres gekürt. 2017 war er LOBA-Finalist mit seiner Serie „Fallout“. 2018 wurde er zum ersten Leica-Ambassador der Schweiz ernannt. Seit Ende 2017 lebt er in Zürich.

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