Interview mit Tul Hirunyalawan, Fotograf und Leica Botschafter für Thailand

Fotografie-Experten aus über 40 Ländern haben ihre Favoriten für den Leica Oskar Barnack Award (LOBA) nominiert. Die fünfköpfige LOBA-Jury stellt in Kürze aus diesen Empfehlungen die Shortlist der Bewerber um den LOBA 2021 zusammen. Die Vielfalt der Nominatoren spiegelt sich in den jeweiligen Vorschlägen für das internationale Bewerberfeld wider. In diesem Jahr zählt auch der thailändische Fotokünstler Tul Hirunyalawan zu diesem Kreis. Im Interview gibt er Einblicke in seine Sicht auf die Fotografie.

Was ist aus Ihrer Sicht das Besondere am LOBA?

Für Menschen, die gern fotografieren oder die sich gern Fotografien ansehen, ist der LOBA weltweit eine Bühne, auf der Fotografen ihr Potenzial zeigen. Jedes Jahr, wenn ich die Arbeiten auf der LOBA-Bühne gesehen habe, war ich so begeistert, dass ich am liebsten selbst sofort zur Kamera gegriffen hätte. Das ist ein ganz besonderes Gefühl.

„Ich vergleiche die Fotografen des LOBA mit leidenschaftlichen Leichtathleten bei den Olympischen Spielen, die bereit sind, der Welt ihr bestes Können zu zeigen, während das Publikum ebenfalls auf die beste Leistung wartet.“

Welche persönliche Beziehung haben Sie zu Leica und Leica Kameras?

Im Jahr 2000, im Alter von 20 Jahren, habe ich angefangen, mit einer Leica M6 zu fotografieren. Bis heute habe ich immer mit Leica gearbeitet. 2017 wurde ich Leica Botschafter für Thailand und gründete die School of Photographic Arts Sungkrohsang. Außerdem lehre ich an fünf führenden thailändischen Universitäten Fotografie. Für mich ist Leica nicht nur eine Ausrüstung zum Fotografieren, sondern ein weiteres Organ meines Körpers. Es gibt keinen einzigen Tag, an dem ich ohne Kamera unterwegs bin, sie ist ein Teil meines Lebens.

Was raten Sie jungen Fotografen, um in der Welt der Fotografie sichtbar zu werden?

Ich sage ihnen: Fotografiert weiter, hört niemals auf. Die Kamera ist ein Gerät, um Momente festzuhalten, die sich in unserem Leben ereignen. Das Foto ist ein Produkt, das den „erstarrten Moment“ nach unserem Geschmack und in unserer Perspektive abbildet. Wenn die Schönheit, die wir sehen, in der Welt auftaucht, schnappt euch einfach eine Kamera, geht hinaus und haltet diesen Moment der Schönheit auf die Art und Weise fest, an die ihr glaubt. Macht einfach weiter.

„Ich interessiere mich mehr für die Idee, die eine Person gegenüber der Welt entwickelt, als für ihre fotografischen Techniken.“

Wie haben Sie die Veränderungen des letzten Jahres erlebt?

Covid-19 hält uns davon ab, an die Orte zu gehen, an denen wir arbeiten wollen. Aber es gibt uns auch die Gelegenheit, innezuhalten und unsere alten Arbeiten zu überprüfen. Einerseits ist es eine Zeit, in der wir als Fotografen neue Energien laden können, andererseits kann sich unsere Natur von der Menschheit erholen. Danach wird die Welt noch spektakulärer sein und darauf warten, dass wir sie wieder mit der Kamera sehen und festhalten.

Was hat sich in Ihrem persönlichen Arbeitsbereich verändert?

Ich denke, wir sollten versuchen, die Welt mit einer positiven Einstellung zu sehen und lernen, mit dieser pandemischen Krise zu koexistieren. Ich habe wieder meine analoge Kamera zur Hand genommen, Schwarzweiß-Aufnahmen gemacht und entwickelt. Das hatte ich seit zehn Jahren nicht mehr gemacht. Ich war sehr glücklich. Es war, als hätte man etwas vor einiger Zeit verloren und an einem Tag wiedergefunden, an dem man über größere Fertigkeiten und Fachkenntnisse verfügte.

Was sind Ihre Wünsche und Hoffnungen für die Fotografie in der Zukunft?

Es gibt nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste. Wir sind dazu da, zu lernen und uns an alle Veränderungen anzupassen. Ich wünsche mir nur, dass im M-System Autofokus-Objektive möglich wären. Das nähme mir die Angst, im Alter das Bild nicht mehr klar fokussieren zu können.

Vielen Dank für dieses Gespräch!

Tul Hirunyalawan

Tul Hirunyalawan, 1980 in Bangkok, geboren, wurde 2017 Leica Botschafter für Thailand und Vizepräsident der Royal Photographic Society of Thailand. Er unterrichtet Fotografie an mehreren thailändischen Universitäten. Seit 2003 hat er regelmäßig in Bangkok ausgestellt und ist Jurymitglied verschiedener Fotowettbewerbe.

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