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Neuer Bildband: Ragnar Axelsson – Arctic Heroes

Neuer Bildband: Ragnar Axelsson – Arctic Heroes

Mit der Serie „Arctic Heroes“ war der isländische Fotograf einer der Shortlist-Kandidaten des LOBA 2020. Sein „Tribut an die Schlittenhunde von Grönland“ ist nun in einem großartigen Bildband erschienen.

Bereits seit mehr als vier Jahrzehnten fotografiert Axelsson in den nordischen Ländern, hat Bücher über die Arktis, die Gletscher veröffentlicht und dabei sehr direkt den fortschreitenden Klimawandel erlebt: „Etwas ist nicht richtig. Das große Eis ist krank.“ Diese Bemerkung eines Grönländers zu den elementaren Veränderungen der Eislandschaften war die Initialzündung für den Fotografen: „Ich begann wahrzunehmen, wie eine schleichende Veränderung ablief, die das Leben dieser Menschen und ihrer Hunde auf den Kopf stellte.“

„Ohne die Schlittenhunde gäbe es keine Inuit auf Grönland. Kultur und Zusammenleben der Menschen und ihrer Nutztiere waren bisher aufs Äußerste miteinander verwoben.“

Seit über 4000 Jahren bilden die Schlittenhunde Grönlands mit den Inuit eine Lebens- und Jagdgemeinschaft. Doch der Fortbestand der „wahren Helden der Arktis“, so Axelsson, ist durch die Folgen der dramatischen Erderwärmung bedroht. Von Schlittenhunden werden enorme körperliche und mentale Fähigkeiten verlangt. Sie müssen unter härtesten Bedingungen nicht nur die Kommandos der Jäger verstehen, sondern auch immer in der Lage sein, selbstständig den besten Weg für das Gespann durch die Eiswüsten zu finden. Sie sind furchtlose Eisbärenjäger und manchmal wurden sie dabei zu Lebensrettern der Jäger – wie es eine Geschichte beschreibt, die sie Axelsson erzählt haben. „Ich kann mit Sicherheit sagen, dass es genauso schwierig war, Geschichten aus diesen Jägern herauszulocken, wie sie draußen in der eisigen Kälte des Meereises zu fotografieren. Aber nach und nach öffneten sie sich soweit, um sie mit mir zu teilen, und die Jäger und ihre Hunde wuchsen in meiner Wertschätzung mit jeder Geschichte“, berichtet Axelsson im Vorwort des Buches.

„Meine Fotos sind so etwas wie die Zeitkapsel, die eine verlorene Welt enthält.“

Die eigentliche Idee, ein Buch allein den Schlittenhunden zu widmen, stammt ursprünglich von zwei Frauen: von Björk Hreiðarsdóttir, Axelssons Ehefrau, und der Berufskollegin Mary Ellen Mark. Deren Anfeuerung musste er sich oft genug wieder ins Gedächtnis rufen, wenn er unter widrigsten Umständen fast die Kraft für weitere Bilder verlor: „Höre nicht mit dem Fotografieren auf. Du weißt nie, wann du das entscheidende Bild hast. Mach einfach weiter.“ Der Kraftakt war enorm, doch das Ergebnis ist beeindruckend. Die Auswahl von 137 Schwarzweiß-Aufnahmen, immer eine Doppelseite des großformatigen Bildbands füllend, gibt nicht nur eindrücklich Einblick in das Leben der Hunde vom Welpenalter bis zum erfahrenen Begleiter der Inuit, sondern zeigt auch die faszinierenden Eislandschaften des Nordens in grandiosen Bildpanoramen. Immer dabei hatte der Fotograf seine Leica Kameras – die Motive des faszinierenden Projekts entstanden über den langen Zeitraum von 1987 bis 2019. Fotografiert hat Axelsson dabei mit unterschiedlichen M-Kameras, analog und digital, die jüngsten Bilder entstanden mit einer Leica SL, einer Leica SL2, die er als einer der ersten Fotografen testete, und mit einer M Monochrom (Typ 246).

„Es gibt etwas Unerklärliches an der Arktis, das zu dir spricht, eine Kraft, die dich wie ein Magnet anzieht. Ich habe das Gefühl, dass ich diese Geschichte von den Helden der Arktis für die Welt erzählen muss.“

„Arctic Heroes“ präsentiert erhabene Landschaften, vor allem aber die Schicksalsgemeinschaft zwischen den traditionellen Jägern und ihren Hunden. Doch „die Tage dieser auf der Jagd basierenden Gemeinschaft sind gezählt, denn die Jäger werden immer weniger, während das Eis immer dünner wird und sich zurückzieht“, berichtet der Fotograf. „Außerdem werden die Schlittenhunde von Schneemobilen und anderen Fahrzeugen verdrängt. Vor zehn Jahren gab es noch 30.000 Hunde. Jetzt sind es nur noch etwa 12.000. Junge Grönländer haben keine Ambitionen, Jäger zu werden, obwohl es immer noch einige gibt, die diesen Weg wählen. Aber es ist ein brutales Leben. Die Kälte auf dem Meereis bei minus 49 Grad mit Windkälte beißt sich in alles – außer in die Hunde. Sie scheinen die Kälte nie zu spüren.“ Gegen die Zeitläufte und den Klimawandel haben jedoch auch sie keine Chance.

Ragnar Axelsson
Arctic Heroes. A Tribute to the Sled Dogs of Greenland

Essays von Ragnar Axelsson, gestaltet von Einar Geir Ingvarsson, 290 Seiten, 137 Triplexabbildungen, 25,2 x 34,8 cm, englisch, Kehrer

Bis zum 9.5.2021 präsentiert das Reykjavik Art Museum die Ausstellung „Ragnar Axelsson: Where the World is Melting“, die im Frühjahr 2022 auch in der Versicherungskammer Kulturstiftung, München, gezeigt werden soll.

Ragnar Axelsson (RAX)

Ragnar Axelsson wurde 1958 bei Reykjavík geboren. Seine erste Leica lieh er sich als Zehnjähriger von seinem Vater. Mit 18 wurde er Fotograf bei der isländischen Zeitung Morgunblaðið und dokumentiert seither die Natur und das Leben der Menschen im Norden. Seine Bilder wurden unter anderem in „Life“, „Geo“, „Polka“, „Newsweek“, „Stern“ und „Time“ veröffentlicht. Zahlreiche Bücher: „Faces of the North“ (2004, Neuauflage 2015), „Last Days of the Arctic“ (2010), „Behind the Mountains“ (2013), „Glacier“ (2018). Bereits 2001 erhielt er eine Ehrenauszeichnung beim Leica Oskar Barnack Award; 2020 war er auf der LOBA Shortlist.

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