Finalist 2018: Vanja Bucan
„Macht euch die Erde untertan!“ – so lautet das göttliche Gebot in der jüdisch-christlichen Schöpfungsgeschichte. Ob das gut oder schlecht ist, kann man der Serie „Sequences of Truth and Deception“ von Vanja Bucan nicht entnehmen, doch die Herrschaft des Menschen über den Planeten setzt sie auf verblüffende Weise in Szene.
Schwimmende Plastikinseln in den Weltmeeren, eine nie dagewesene Luftverschmutzung in vielen Metropolen, weltweites Artensterben – die Realität im Umgang mit unserer Umwelt ist so schwer zu ertragen, dass wir uns eine Illusion von Natur in die Wartezimmer hängen und Blumenarrangements auf Instagram posten. „Zwischen Sehnsucht und Verzweiflung“, so beschreibt Vanja Bucan ihr persönliches Verhältnis zur Natur. Einerseits ist da die Erkenntnis, den größten Teil des Lebens fern der Natur verbracht zu haben und die stille Sehnsucht nach den Wochenenden am See, nach der Kindheit, die sie auf dem Land in Slowenien verbrachte; andererseits das schlechte Gewissen, mit dem Kauf von Bio-Lebensmitteln und Recycling nicht genug zu tun, um den schon so geschädigten Planeten zu retten.
„Wir lieben die Natur auf eine romantische Art, wir idealisieren sie. Gleichzeitig beuten wir sie aus und ästhetisieren sie. In meinen Bildern zeige ich die Beziehung zwischen Körperteilen – zumeist Händen – und der Natur. Man weiß nicht, ob es Liebe oder Dominanz ist, was man dort sieht.“
Für ihre Arbeit „Sequences of Truth and Deception“ positioniert Bucan menschliche Körper vor oder in fotografischen Kulissen, die eine intakte Natur zeigen. So will die Fotografin das Spannungsverhältnis zwischen Idealisierung und Dominanz demonstrieren. Bucans Bilder sind sorgsam inszeniert: Sie ergänzt und verändert das Originalbild durch menschliche Gesten und Posen. Auf diese Weise entsteht eine Fiktion, die ihren Standpunkt zum Anthropozentrismus vermittelt. Der Mensch im Zentrum. Der Mensch in scheinbarer Interaktion mit der Natur. Jedoch stets von ihr abgeschnitten. Dass Vanja Bucan seit ihrer Jugend Umweltaktivistin ist, muss man nicht wissen, um ihre Bilder zu verstehen. Aber es hilft.
Vanja Bucan
Die 1973 geborene Slowenin zog mit 24 Jahren nach Holland, wo sie Dokumentarfotografie an der Königlichen Akademie für Bildende Künste in Den Haag studierte. Nach dem Studium fotografierte sie Reportagen für Umweltinitiativen, entfernte sich aber mehr und mehr von der Dokumentarfotografie und begann mit Inszenierungen zu arbeiten. Seit 2012 lebt sie in Berlin.
Porträt: © Nicholas Bark