Finalistin 2019: Snezhana von Büdingen

Sofie ist 19 Jahre alt. Sie malt, raucht und hat das Down-Syndrom. Snezhana von Büdingen hat sie über ein Jahr begleitet, ist in ihre Heimat auf einen Gutshof mit Hunden, Hühnern und Pferden gereist, hat mit ihr und ihrer Familie zusammengelebt. Aus diesen Besuchen ist eine berührende Serie entstanden – mit Aufnahmen zwischen entrückter Ferne und intimer Nähe.

„Im Sommer 2017 habe ich an meinem Projekt ,Mutter‘ gearbeitet. Dafür habe ich Mütter mit ihren Kindern, die das Down-Syndrom haben, porträtiert. Das Projekt habe ich in meinem Fotostudio in Köln umgesetzt. Viele Mütter, unter ihnen auch Barbara, die Mutter von Sofie, haben sich bei mir gemeldet und wollten an dem Projekt teilnehmen. Barbara und Sofie konnten wegen der großen Entfernung nicht nach Köln kommen. Ich wurde aber herzlich eingeladen, sie zu besuchen, was ich dann im Oktober 2017 getan habe. Nach ein paar Tagen mit Sofie wurde mir klar, dass ich mehr über diesen wunderbaren Menschen erzählen möchte. Wir waren uns schnell sympathisch, die Kamera schüchtert Sofie nicht ein, sonst wäre es unmöglich gewesen, sie über ein Jahr fotografisch zu begleiten.“

„Jeder Mensch mit oder ohne Down-Syndrom besitzt seine eigene Individualität. Nach meinem Empfinden verbindet die Menschen mit Down-Syndrom ein Zustand des Freiseins, eine Art Befreiung von sozialen Zwängen. Dadurch entsteht eine besondere Art Ehrlichkeit, die diese Menschen ausstrahlen und die mich so stark anzieht. Sie nehmen die Welt etwas anders wahr, was ich faszinierend finde. Dabei streben sie aber, wie jeder von uns, nach Liebe und Geborgenheit. Das haben mich diese Begegnungen gelehrt.

Ich versuche beim Fotografieren das Wesen der Menschen oder sogar die ganze Lebensgeschichte meiner Protagonisten zu erzählen, weil mich diese Menschen und ihre Schicksale zutiefst berühren. Sie faszinieren mich. Diese Nähe ist allerdings eine Art Eindringen in die Intimsphäre einer Person. Es ist nicht selbstverständlich, dass sich Menschen vor der Kamera eines Fotografen offenbaren. Ich bin allen Menschen, die ich fotografieren darf, unendlich dankbar für ihre Offenheit.“