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Gabriele Galimberti – The Ameriguns

Gabriele Galimberti – The Ameriguns

Mit seinem Projekt „The Ameriguns“ taucht Gabriele Galimberti in ureigene amerikanische Welten und Abgründe ein. Seine mit Objekten angereicherten Porträts illustrieren den weit verbreiteten Waffenfetischismus in dem Land, das mehr Schusswaffen als Einwohner zählt. Der Fotograf will die Aufmerksamkeit nicht auf Außenseiter, sondern auf Durchschnittsbürger richten.

Schätzungsweise 370 bis 390 Millionen Schusswaffen gibt es in den USA, rein rechnerisch kommt auf jeden Amerikaner oder jede Amerikanerin mindestens ein Exemplar. Knapp 20 000 Menschen wurden allein im Jahr 2020 im zivilen Bereich durch sie getötet (Quelle: Statista, 6. August 2021), eine Rekordzahl in den letzten zehn Jahren. Waffen galten seit dem Kampf um die Unabhängigkeit von Großbritannien 1776 und der Besiedlung des amerikanischen Westens ab 1800 als Notwendigkeit zur Verteidigung und Selbstjustiz. Sie wurden so zu einer Selbstverständlichkeit, gelten als Teil der Kultur und nicht selten als Statussymbol.

„Meine Absicht war, ein Porträt der Waffenkultur und der Liebe eines Teils der amerikanischen Bevölkerung zu Schusswaffen zu schaffen.“

Waffengeschäfte sind in den USA schneller zu finden als Weinläden. Dennoch besitzen bei weitem nicht alle Einwohnerinnen oder Einwohner Waffen. „Das Phänomen ist auf wenige Leute konzentriert. Ich traf oft auf welche, die 60 Gewehre oder mehr besitzen“, sagt Galimberti. Auch finden sich in den südlichen Bundesstaaten des Landes mehr Waffen als in den nördlichen. „Es war leicht, Leute zu finden, aber es war nicht leicht, eine große Bandbreite an Leuten zu finden.“ Galimberti verfolgt mit seiner Serie die Intention, die Aufmerksamkeit auf die Durchschnittsbürger zu lenken, nicht „auf die Verrückten, denn es handelt sich meist um normale Leute“, wie er feststellte.

Er zeigt sie mit seinem speziellen Bildkonzept aus Porträts und Objekten, die er mal kreis-, mal wellen- oder strahlenförmig oder auch als Umriss der USA um seine Protagonistinnen und Protagonisten arrangiert. „Ich äußere mich nicht zur Politik, sondern bin Beobachter. Ich arbeite mit Humor und Absurdität“, reflektiert Galimberti sein Vorgehen. Mit seiner Art von Ästhetik hat er eine ideale Form dafür gefunden.

Gabriele Galimberti

Geboren 1977 in Val di Chiana, Italien. Galimberti hat seine Karriere als Werbefotograf begonnen. Heute widmet er sich internationalen dokumentarischen Langzeitprojekten, von denen einige in Buchform erschienen sind, darunter „Toy Stories“, „My Couch Is Your Couch“, „The Heavens“ und „The Ameriguns“. Er ist Mitglied des von Serge Michel, Paolo Woods und Claude Baechtold gegründeten Künstlerkollektivs Riverboom. Galimbertis Arbeiten erschienen in internationalen Publikationen wie „National Geographic“, „Stern“, „GEO“, „Le Monde“, „La Repubblica“ und „Marie Claire“. Seine Bilder wurden in Ausstellungen auf der ganzen Welt gezeigt, darunter beim Festival Images, Vevey, Les Rencontres de la Photographie, Arles, und im Victoria and Albert Museum, London. 2021 wurde er beim World Press Photo Award für „The Ameriguns“ mit dem ersten Preis in der Kategorie „Portraits“ ausgezeichnet.

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Portrait: © Edoardo Delille