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Leica Oskar Barnack Award 2012: Frank Hallam Day „Alumascapes“

Frank Hallam Day – Alumascapes, 2012

Seltsame Objekte im Dunkel der Nacht: In der Serie widmet sich der Gewinner des Leica Oskar Barnack Awards 2012 dem Urlaubsverhalten vieler Amerikaner, die mit Wohnmobilen dem Alltag entfliehen. Der amerikanische Fotograf hat dabei die Urlaubsvehikel selbst ins Zentrum der Serie gerückt: Sie erscheinen kurios, wie zufällig abgestellt, gleichzeitig aber auch unheimlich und mysteriös.

Das Projekt „Alumascapes“ ist das Ergebnis einer monatelangen Reise durch Florida. In seinen Aufnahmen stellt Frank Hallam Day Mensch und Natur in einer besonderen Weise dar und macht Wohnmobile – hochmoderne Hightech und Luxus-Campingwagen – zu den hell erleuchteten, strahlenden Hauptdarstellern seiner Bilder. Sie scheinen unauflöslich mit der nächtlichen Dschungellandschaft verbunden und sehen darin aus wie lebensnotwendige Behausungen in einer feindlichen Landschaft. Sie beschützen ihre Bewohner, die sich inmitten des Luxus gut aufgehoben fühlen. Diese Form des Rückzugs hat mit Naturverbundenheit, dem Verzicht auf die alltäglichen Annehmlichkeiten und einer gewissen Entschleunigung natürlich nicht mehr viel gemein.

„Diese Wohnmobile schleichen durch den nächtlichen Dschungel, als hätte man die Tiere von Henri Rousseau ins Technikzeitalter verlegt. Die Namen der Marken zeigen eine sehnsuchtsvolle, aber zugleich gebrochene Beziehung zur Natur: Escaper, Conquest, Sunset Trail, Wilderness, Falcon. Jedoch suggerieren sie eine Isolation von einer bedrohlichen Natur, aber auch von der Menschheit selbst.“

Durch die intensiv gesteuerte Beleuchtung und spezifische Farbgestaltung wird dieser Widerspruch umso auffälliger. Es sind bühnenartige Räume entstanden, die zwischen Realität und Fantasie oszillieren. Das unterstreicht auch der doppeldeutige Titel der Fotostrecke. Alumascape ist einerseits der Markenname eines Wohnmobilmodells, das auf einigen Bildern zu sehen ist, andererseits bezeichnet der Fotografen mit „Alumascapes“ die von den Fahrzeugen aus Aluminium dominierten Landschaften. Andere abgebildete Recreational Vehicles, kurz RV genannt, tragen ähnlich klingende Namen wie Wilderness, Mountaineer, Escaper, Cougar oder Falcon. Auch sie kennzeichnen das paradoxe Verhältnis von Mensch und Natur, da sie einerseits zwar eine gewisse Verbundenheit vorgeben, gleichzeitig aber auch auf die Entfremdung von der Natur hinweisen. Ebendas stellt der Fotograf auch in seinen Aufnahmen dar: Die hell erleuchteten Wohnmobile kauern versteckt zwischen den Bäumen. Es herrscht eine düstere Stimmung, die den Anschein von Flucht, Heimlichkeit, Isolation und Angst vermittelt. Für Day ist „der RV ein Abgesang auf den amerikanischen Traum, aus dem Fahrzeug ergießt sich ununterbrochen ein toxisches Licht in den Dschungel.

„Die Fotografien sind ganz klar theatralisch, das Laub rund um die Fahrzeuge sieht aus wie ein Requisit. Die Bilder sollen inszeniert aussehen, fast wie im Traum, auf halben Weg zwischen Fantasie und Wirklichkeit. Aber sie sind nicht inszeniert.“

Die Bewohner der Fahrzeuge sind nie zu sehen – die Anwesenheit des Fotografen haben sie nicht bemerkt. Denn sie befinden sich im Schutz ihrer luxuriösen Behausungen, sehen in der Regel fern; Licht und Klimaanlage sind angeschaltet – in dem Glauben, trotz allem mit der Natur im Einklang zu sein. Die Aufnahmen von Day zeigen: Das Verhältnis zwischen Mensch und Natur ist widersprüchlicher denn je.

(Text aktualisiert 2020)

Frank Hallam Day

Frank Hallam Day wurde 1948 geboren und lebt als Fotokünstler in Washington D. C. Er hat an verschiedenen Institutionen Fotografie gelehrt. Seine Arbeiten wurden bereits in vielen internationalen Ausstellungen gezeigt und gehören zum Bestand zahlreicher Museen und privater Sammlungen. Seine Serie wurde 2012 unter dem Titel „Nocturnal“ als Buch veröffentlicht.

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