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Finalist 2016: William Daniels „C.A.R.“

Finalist 2016: William Daniels

Seit dem Sturz von Präsident François Bozizé am 24. März 2013 durch die Rebellenallianz Séléka aus dem Norden des Landes versinkt die Zentralafrikanische Republik (ZAR) in einem Strudel der Gewalt. Was als Putsch gegen die Regierung begonnen hatte, eskalierte zu einem blutigen Konflikt zwischen Christen und Muslimen. Opfer der Gewalt ist vor allem die Zivilbevölkerung. William Daniels hat das von den Medien oft vergessene Land bereist.

Q: Warum arbeiten Sie in Kriegs- und Krisenregionen?

A: Ich bin der Ansicht, dass Fotografie gerade dort eine wichtige Rolle übernehmen muss.

Q: Wie kam es zu Ihrer Serie über die Zentralafrikanische Republik (ZAR)? Was hat diesen, wie Sie selbst äußerten, „oft übersehenen Staat“ in Ihren Fokus gerückt?

A: Ich konzentriere mich generell auf Krisensituationen oder Themen, die von den Medien nahezu unbemerkt bleiben, wie etwa die Malaria oder die kirgisische Revolution. Also war es für mich ganz normal, dass ich mich für die ZAR interessierte. Bevor ich mich ab November 2013 dem Thema widmete, hatte noch kaum jemand etwas dazu veröffentlicht. Ein paar internationale Medien waren kurzzeitig interessiert, als sich nach dem 5. Dezember 2013 die schlimmste Phase der Krise abzeichnete. Als der Angriff von Rebellen auf die Hauptstadt Bangui mehr als tausend Todesopfer verzeichnete. Doch schon bald geriet das Land wieder in Vergessenheit.

Q: Aber Sie blieben an dem Thema dran …

A: Gerade die Tatsache, dass das Land wieder in Vergessenheit geriet, war für mich wie ein weiterer Anstoß, meine Arbeit fortzusetzen. In der zweiten Arbeitsphase ging es auch nicht mehr darum, die Situation abzubilden, sondern darum, nach den Gründen und Ursprüngen für die Konflikte und Krisen zu suchen. Das ist ein Thema, das tatsächlich kaum jemand beachtet. Und dazu suchte ich auch nach einen persönlicheren Ansatz. Die meisten Aufnahmen, die ich beim Leica Oskar Barnack Award eingereicht habe, entstanden in diesem zweiten Arbeitsabschnitt.



„Ich konzentriere mich generell auf Krisensituationen oder Themen, die von den Medien nahezu unbeachtet bleiben.“

Q: Neben den immer wieder aufkommenden blutigen militärischen Konflikten, die das Land destabilisieren, hat die ZAR auch mit einer Menge anderer Probleme zu kämpfen, mit Krankheiten, Seuchen, einer hohen Kindersterblichkeits- und Analphabetenrate. Gibt es Ihrer Einschätzung nach überhaupt einen positiven Ausweg für die ZAR?

A: Der schlechte Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung, die Ausbreitung von Malaria, Unterentwicklung und Korruption: Das sind in der ZAR tatsächlich große Themen. Der Besuch des Papstes im November 2015 und die Wahl eines neuen Präsidenten im Februar dieses Jahres haben ein wenig Ruhe gebracht. Aber wirklich optimistisch zu sein, ist in diesem Fall schwierig. Alles, was zu dieser Krise und denen davor geführt hat, ist immer noch da. Ich glaube, das Land wird in Zukunft wieder eine schwere Krise erleben.

William Daniels

1977 in der Normandie geboren, studierte William Daniels ein Jahr an der Centre Iris School of Photography in Paris. Er arbeitet als freiberuflicher Fotograf u. a. für „National Geographic“, „Le Monde“ und „Time“ und wird international ausgestellt (Visa pour l’image, Perpignan; Lumix Festival, Hannover). Seine Langzeitprojekte „Mauvais Air“ (2007–2010) und „Faded Tulips“ (2008–2011) sind als Buch erschienen. Daniels lebt in Paris.