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Hugh Kinsella Cunningham – Wildfire (Ebola Amidst Conflict)

Hugh Kinsella Cunningham – Wildfire (Ebola Amidst Conflict)

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich das Ebola-Virus 2019 in Nord-Kivu, einer durch Milizen gebeutelten Region im Kongo. Hugh Kinsella Cunningham, Kandidat für den Leica Oskar Barnack Newcomer Award, hat den Ausbruch dokumentiert, um damit ein globales Bewusstsein zu schaffen.

Die Frauen tragen bunte Kleider, saftig ist das Grün des tropischen Regenwalds. Bei einem flüchtigen ersten Blick könnten die Bilder des Briten Hugh Kinsella Cunningham in ihrer Farbe und Intensität vom Leben erzählen, stattdessen aber berichten sie vom Tod. Kinder halten auf den Aufnahmen Kreuze in ihren Armen, Angehörige stehen auf dem Friedhof und trauern, das medizinische Personal zwängt sich in Schutzanzüge. Ein Land im Ausnahmezustand: Mehr als 2000 Menschen starben im vergangenen Jahr in der Demokratischen Republik Kongo an Ebola, es war der zweitgrößte Ausbruch des Virus in der Welt – ein Lauffeuer.

„Über diese Themen muss berichtet werden, sie müssen dokumentiert werden, um ein globales Bewusstsein zu schaffen. Aber wenn ich mich mit Krisen beschäftige, suche ich nach Momenten des Mitgefühls und der Verbundenheit, anstatt nur die Not um ihrer selbst willen darzustellen.“

Drei Monate lang beobachtete der Fotograf die Lage vor Ort, besuchte Ebola-Behandlungszentren, Veranstaltungen zur Sensibilisierung der Gemeinschaft, Beerdigungen von Patienten. „Die Fotos sollen das Trauma, das das Virus auslöst, das Gefühl des Ausnahmezustands, aber auch die unglaubliche Arbeit und das Charisma des örtlichen Gesundheitspersonals vermitteln“, sagt Cunningham über seine Serie. „Da ich lange in der Region unterwegs war, war ich in der Lage, bei den Reportagen über die Menschen in die Tiefe zu gehen und auf die Geschichten zu warten, die sich um mich herum entwickelten.“

Seit 2017 reist der Fotograf in die Demokratische Republik Kongo und versucht, kritische Gesundheits- und Sozialfragen den Menschen weltweit nahezubringen. Wahlprozesse, Schutz von Primaten, Leben ehemaliger Kindersoldaten – es sei ein Privileg für ihn, sagt Cunningham, Zeuge und Korrespondent von Geschehnissen zu sein, die oft keine internationale Resonanz finden. Er glaubt: „Das Bewusstsein für soziale Konflikte lässt sich am besten mit Bildern schaffen, um eine universale menschliche Verbindung zur aktuellen Krise herzustellen. In meiner Arbeit versuche ich, diese Verbindung mit einem globalen Publikum zu erreichen, in der Hoffnung, dass dieses Bewusstsein verhindert, dass sich Ähnliches wiederholt.“

„Der Ausbruch ereignete sich in einer Region, die von der Miliz ADF angegriffen wurde, die sich als zentralafrikanischer Zweig der IS-Ideologie versteht. Zahlreiche Milizen sind in ganz Nord-Kivu für Überfälle, Raubüberfälle und Morde verantwortlich. Das bedeutete, dass die Sicherheit im Vordergrund stand.“

Nachrichtenagenturen und Welt-Gesundheitsorganisationen haben viele Aufnahmen aus der Serie veröffentlicht. Besonders am Herzen liegen ihm die Bilder der medizinischen Fachkräfte, erzählt Cunningham, die als Risikogruppe hoch gefährdet waren und die er in ihrer alltäglichen Routine begleitet hat: von der Medikamentenausgabe für die Patienten bis hin zum Trösten eines Kinds, dessen infizierte Eltern man auf der Station isoliert hatte. Mit seinen Porträts der Krankenschwestern, sagt er, habe er in einer schwierigen Zeit Momente von Furchtlosigkeit dokumentiert, von Mut und Courage. Und so geht es dem britischen Fotografen am Ende weniger darum, die Not an sich darzustellen. Sondern um die Sichtbarkeit der Menschen in einem Land, in dem Konflikte und humanitäre Probleme lange Zeit von Regierung und internationalen Gemeinschaften ignoriert wurden – und die im letzten Jahr in der Ebola-Krise gipfelten.

Hugh Kinsella Cunningham

Hugh Kinsella Cunningham wurde 1994 in London geboren. Als Fotograf beschäftigt er sich vor allem mit kritischen Brennpunkten und Konflikten in Gesundheit und Gesellschaft. Er war Pulitzer-Stipendiat für Krisenberichterstattung, seine Bilder wurden in Publikationen wie „The Guardian“, „The New York Times“, „The Washington Post“, „The Los Angeles Times“ oder den BBC News veröffentlicht. Regelmäßig arbeitet er für Organisationen wie die WHO, Save the Children und den UNHCR.

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Porträt: © Nejla Karic