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Maïmouna Guerresi – Beyond the Border: A Journey to Touba

Maïmouna Guerresi – Beyond the Border: A Journey to Touba

In ihrem Werk findet die Multimediakünstlerin Metaphern für die spirituellen Verbindungen des Menschen zu allem, was ist. Mit ihrer Serie „Beyond the Border: A Journey to Touba“ stellt sie die Beziehung von Mensch und Umwelt in den Mittelpunkt und vermittelt darin eine nachdrückliche Botschaft: Wir müssen zu einem neuen Miteinander finden.

Wie hängen ein Baobab-Baum, die Anmutung einer in traditionellen afrikanischen Stoff gehüllten Figur, sich Gegenübersitzende und vermüllte Landschaften zusammen? Der Schlüssel dazu liegt im Verständnis davon, was Maïmouna Guerresi im intellektuellen und spirituellen Sinn beschäftigt.

Geboren in Italien als Tochter einer religiösen katholischen Familie, konvertierte sie 1991 zum Sufismus. In ihren Werken thematisiert sie die gemeinsame Menschlichkeit über psychologische, kulturelle, religiöse und politische Grenzen hinweg, im Sinn einer geistlichen und mystischen Dimension. „Meine Arbeit drückt sich im spirituellen Bereich aus, aber sie wirft immer ein Licht auf die Realität, in der wir leben“, sagt die Künstlerin über ihr Werk.

„Die größte Herausforderung besteht darin, eine Metamorphose zu schaffen, die das Alltägliche in das Heilige verwandelt.“

Die Idee zu ihrer Serie „Beyond the Border: A Journey to Touba“ hat sie während ihrer Aufenthalte im Senegal bei ihrer Familie entwickelt, auf mehreren Reisen zwischen der Hauptstadt Dakar, der Heimat ihrer Familie, und der heiligen Stadt Touba, der zweitgrößten Stadt im Senegal – ihrer spirituellen Heimat. „Im Senegal vermag eine vom Glauben genährte Spiritualität durch Hoffnung die Schwierigkeiten des täglichen Lebens zu lindern“, sagt Guerresi. Ihre Serie dreht sich um die Verbindung und gegenseitige Abhängigkeit von Mensch und Natur. „Jeder Mensch ist mit allem verbunden, was auf der Erde existiert. Daraus folgt, dass das Schicksal unseres Planeten durch das Handeln des Einzelnen beeinflusst wird. Die Beziehungen zwischen der Menschheit und der Natur spiegeln die Beziehung zu sich selbst, zur eigenen Innerlichkeit, wider. So entspricht die Verwüstung der natürlichen Umwelt der spirituellen Verwüstung des Innenlebens des Menschen“, erklärt sie. In ihrer Arbeit tauchen Metaphern auf, die Verbindung und Beziehung zum Innen und Außen repräsentieren: Ein Baum steht für die Verbindung zur Natur, ein Diptychon zeigt die Spiegelung des Gegenübers, die von Müll verunreinigten Stadtlandschaften verweisen auf die Entfremdung von der Umwelt. Das Verbundensein mit allem drückt sich für Guerresi in Spiegelungen aus: Ich bin du, du bist ich. „Alles geht auf den goldenen Grundsatz zurück, dem anderen keinen Schaden zuzufügen“, reflektiert die Künstlerin, doch das gerate zunehmend ins Abseits. In ihrer Generation habe der Konsumismus ursprüngliche Traditionen ersetzt, das ausgeglichene Verhältnis von menschlichem Individuum und Biodiversität zerstört. Vor allem aber habe die Welt die Idee entwickelt, dass, wenn etwas nicht mehr gut genug sei oder jemand nicht den Normen entspreche, es oder er zu Abfall werde, sowohl in materieller als auch in sozialer Hinsicht. „Der Konsumismus hat Wettbewerb verursacht. Wir müssen die Idee verfolgen, mehr zusammen zu arbeiten. Dieses Bewusstsein kann eine Bewegung entfachen. Wir müssen diese Botschaft verbreiten“, sagt Guerresi programmatisch, und weiter: „Wir müssen einen neuen Zeitgeist und eine neue Vorstellung davon finden, wie wir die Welt wahrnehmen.“

Maïmouna Guerresi

Geboren 1951 in Pove del Grappa, Italien. Die Multimediakünstlerin arbeitet neben dem Medium Fotografie mit Skulptur, Video und Installation. Ihre Werke wurden seit den 1980er-Jahren weltweit ausgestellt, darunter im italienischen Pavillon auf den Biennalen 1982 und 1986 in Venedig, der Documenta in Kassel 1987, 1999 in der Mudima Foundation, Mailand, und im Museum La Rocca di Umbertide, Perugia.

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Porträt: © Antoine Tempé