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M’hammed Kilito – Before It’s Gone

M’hammed Kilito – Before It’s Gone

Oasen sind ein Ort des Reichtums, der Fruchtbarkeit und der biologischen Vielfalt. Immer mehr werden sie allerdings zu Opfern des Klimawandels und leiden an Trockenheit und Dürre. Der marokkanische Fotograf begibt sich in seiner Serie auf die Spuren eines vom Aussterben bedrohten ökologischen Systems – und versucht damit auch, ein Stück des kulturellen Erbes seines Heimatlandes zu retten.

In unserer Vorstellung ist die Oase ein harmonisches Fleckchen Erde. Ein fruchtbarer Ort inmitten der Wüste, ein Platz in der ewigen Sonne unter Palmen und mit genügend Wasser. Lange Zeit hat dieses Ökosystem gut funktioniert, haben die Oasen den Wohlstand ihrer Gemeinschaft durch natürliche Bewirtschaftung garantiert. Mittlerweile aber sind diese Flecken der Vegetation bedroht, legt sich der Klimawandel wie ein gefährlicher Wüstensturm über das Leben und den Wohlstand ihrer Bewohner. M’hammed Kilito erklärt: „Trockenheit und Dürre bedeuten für viele Marokkaner den Verlust der biologischen Vielfalt, das Verschwinden des kulturellen Erbes, wiederkehrende Brände, Umweltmigration, Versalzung des Wassers, Wüstenbildung und Prekariat.“

„Ich beschloss, an diesem Projekt zu arbeiten, um auf die vielfältigen Probleme aufmerksam zu machen, über die in den Medien kaum berichtet wird und die der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbekannt sind.“

In seinem Projekt über die Oasen will der Fotograf auf die vielfältigen Probleme, die der Klimawandel mit sich bringt, aufmerksam machen und sie der breiten Öffentlichkeit bekannt machen. In den letzten Jahren hat er viele Oasen in Marokko besucht, enge Kontakte zu ihren Bewohnern geknüpft, die harte Realität miterlebt. Marokko wird heute von der schlimmsten Dürre seit fast 40 Jahren heimgesucht, vor allem der starke Rückgang des Grundwasserspiegels gefährdet die Oasen in ihrer Existenz. Tote Palmen, vertrockneter Boden, ausgebrannte Häuser – M’hammed Kilito beleuchtet die komplexen und mehrdimensionalen Themen der Auswirkungen des Klimawandels auf die Zerstörung der Oasen und die Folgen für die Menschen. In der Oase von Tighmert traf er einen 60-jährigen Mann, der in einem Dorf lebt, das früher von 100 Familien bewohnt war, von denen jetzt nur noch vier übrig sind. „Der Wasserstress beschleunigt die Vertreibung der einheimischen Bevölkerung“, sagt der Fotograf. „Die Bewohner sind in größere Städte gezogen, weil sie aufgrund von Dürre und Wasserknappheit nicht mehr von der Landwirtschaft leben können, die früher ihre Haupteinnahmequelle war. Sie sind Klimaflüchtlinge.“

„Die Natur ist für mich Schönheit, Kraft, Zerbrechlichkeit und eine Welt voller Wunder. Sie ist eine Kraft, die uns übertrifft, sie wird uns überleben, und ohne sie können wir nicht existieren.“

Eines seiner Bilder zeigt eine letzte Palmengruppe in Tanseest, einer ehemaligen Oase, 15 Kilometer von der Stadt Assa entfernt. Verloren und vergessen stehen die Palmen im Sand wie ein Denkmal der Erinnerung an bessere Zeiten. In der Wüste verspricht die Farbe Grün die Hoffnung auf Wasser und damit auf Leben. Immer mehr schwindet dieses Grün, absorbieren die Bäume, Pflanzen, Objekte die Farbe ihrer Umgebung, die Patina des Wüstensands, die auch die Aufnahmen der Serie umweht. „Before It’s gone“ („Bevor es verschwindet“) ist der Versuch, sowohl die wenigen Spuren menschlichen Daseins als auch die Farben der Zukunft einzufangen. Kilito sagt, dass für ihn die Fotografie ein Medium des künstlerischen Ausdrucks sei, das sich leicht verbreiten lasse und zum Nachdenken anregen und das Bewusstsein schärfen könne. Und so sei diese Serie sein Beitrag dafür, die Stimme derer zu erheben, die jeden Tag vor Ort kämpfen, um zu retten, was noch zu retten ist.

M’hammed Kilito

Der 1981 geborene Dokumentarfotograf lebt und arbeitet in Rabat, Marokko. In seiner Arbeit widmet er sich der Beziehung zwischen Gruppen oder Individuen und ihrer Umgebung, setzt sich mit Themen kultureller Identität und des Klimawandels auseinander. Im Jahr 2020 wurde er vom „British Journal of Photography“ unter die 18 besten aufstrebenden Fotografen gewählt, er war Gewinner des 6×6 Global Talent von World Press Photo und des CAP Prize für zeitgenössische afrikanische Fotografie.

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Portrait: © Vladimir Gheorghiu