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Nanna Heitmann – Protectors of Congo’s Peatland

Nanna Heitmann – Protectors of Congo’s Peatland

Stille Bilder zu einem brandgefährlichen Thema: In ihrer Serie stellt Nanna Heitmann Bewohner des Dorfes Lokolama in der Demokratischen Republik Kongo vor, die entschlossen sind, die bisher unangetasteten riesigen Torfgebiete in ihrer Region zu verteidigen. Dort werden gigantische Mengen Kohlenstoff gespeichert. Sollte der freigesetzt werden, hätte das fatale Folgen – für die ganze Welt.

Beim Blick aus dem Flugzeug sieht der Betrachter nichts als grüne Baumwipfel, so weit das Auge reicht, sowie einen Fluss, der sich seinen Weg durch sie hindurch schlängelt. Willkommen in der Demokratischen Republik Kongo, einem der ärmsten Länder der Welt – das dennoch ein so reiches ist. Denn schlummernd unter diesen Baumwipfeln liegt ein ökologisches Wunder: riesige, bisher unangetastete Torfgebiete, die mehr als 30 Milliarden Tonnen Kohlenstoff speichern und ihn so aus der Atmosphäre fernhalten. Solange sie unangetastet bleiben. An diesem Punkt setzt die Serie von Nanna Heitmann an.

„Die Torfgebiete des Kongobeckens sind die Lunge der Welt. Man sagt, dass die Welt nur existiert, weil der Kongo atmet.“

„Sollte diese Kohlenstoffkammer geöffnet werden, könnte dies katastrophale Folgen für den Planeten haben. Das Äquivalent von 20 Jahren Emissionen fossiler Brennstoffe der USA sind dort gespeichert“, sagt die Fotografin. Und die derzeitige Lage mit dem Krieg in der Ukraine verschärft die Situation auch dort: Landflächen werden versteigert, um sie für Ölbohrungen freizugeben. „Die zentrale Frage dreht sich darum, wie reiche Länder, die ihren Wohlstand auf fossilen Brennstoffen und der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen anderer Regionen aufgebaut haben, verlangen können, dass ärmere Länder die Retter des Klimas sein sollen“, so Heitmann.

„Wenn in diesen Gebieten Öl gefördert wird, müssen wir mit einer globalen Klimakatastrophe rechnen.“

Und dennoch hat sie Menschen gefunden, die genau das tun: Ihre Heimat – aber auch unser aller Welt – mit allen Mitteln zu verteidigen, die ihnen zur Verfügung stehen. Einer von ihnen ist Joseph Bonkile Engobo, ein traditionelles Oberhaupt, der allen in seinem Heimatdorf Lokolama als Papa Joseph bekannt ist. Wild entschlossen stellt er sich der illegalen Rodung in den Weg, um das zu schützen, was Wissenschaftler ihm und den Dorfbewohnern als klimarettende Ressource erklärt haben. Die Antwort von Guy, einem Holzfäller aus dem Nachbarort, als ihn Papa Joseph am Fällen einiger Bäume hindern wollte? Er zückte seine Waffe. Zum Glück war Hilfe in der Nähe. Doch selbst diese Bedrohungen halten Papa Joseph nicht auf. Er und weitere Bewohner von Lokolama möchten die ökologische Wunderwelt, in der sie leben, um jeden Preis erhalten. Doch wie lange wird der Widerstand noch funktionieren, wie vielen Waffen werden sich die Dorfbewohner in den Weg stellen müssen? Auf Heitmanns empathischen, stillen Bildern ist die Bedrohung erkennbar: ein Baumstumpf, der von einer illegalen Rodung zeugt, Schiffe, die Holz den Fluss entlang transportieren, wilde Tiere, die verkauft werden sollen. Zu sehen ist aber auch der Alltag, den Menschen genau dort leben. Kinder, die spielen, Frauen, die Pilze sammeln. All das geschieht unter dem grünen Blätterdach. Und so viel mehr, was im Verborgenen bleibt.

Nanna Heitmann

Die deutsch-russische Dokumentarfotografin wurde 1994 in Ulm geboren, sie absolvierte in Hannover ein Studium des Fotojournalismus und der Dokumentarfotografie. Ihre Arbeiten beschäftigen sich häufig mit Fragen der Isolation – physisch, sozial und spirituell – sowie mit der Art und Weise, wie Menschen auf ihre Umgebung reagieren und mit ihr interagieren. 2019 wurde sie für ihre Serie „Hiding from Baba Yaga“ mit dem Leica Oskar Barnack Newcomer Award ausgezeichnet. Ebenfalls 2019 wurde Heitmann als Kandidatin bei Magnum Photos aufgenommen.

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Porträt: © Vlad Molodez