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Ekaterina Sevrouk: „Fremd bin ich eingezogen”

Finalist 2017: Ekaterina Sevrouk

Ekaterina Sevrouk bezieht sich in den Landschaftsbildern ihrer Serie „Fremd bin ich eingezogen“ auf Gemälde der deutschen Romantik und inszeniert Berg-, See- und Waldstücke, die zwar an romantische Vorbilder erinnern, doch sich in einem entscheidenden Detail unterscheiden: Die Protagonisten sind junge afrikanische Männer.

In ihrer 2015 begonnenen Serie „Fremd bin ich eingezogen“ nutzt die Fotografin traditionelle Landschaftsmotive aus der Umgebung von Salzburg und des Salzkammerguts. Ihre konkreten Bildideen entwickelt Sevrouk gemeinsam mit afrikanischen Asylsuchenden, die sie in einer sogenannten Erstaufnahmeeinrichtung im Salzkammergut kennenlernte. Der für die mittlerweile abgeschlossene Serie gewählte Titel ist dem Liederzyklus der „Winterreise“ von Franz Schubert entnommen. Die Gedichte von Wilhelm Müller, die Schuberts Liedern eines melancholischen Wanderers zugrunde liegen, changieren zwischen überschwänglicher Freude und hoffnungsloser Verzweiflung, gesellschaftlicher Isolation und individueller Sehnsucht.

„Als Fotografin bin ich bestrebt, meine künstlerischen Ausdrucksmittel zu nutzen, um ästhetisch anspruchsvolle Bilder zu schaffen, die über die Tagespolitik und die reine Dokumentarfotografie hinausreichen.“

Mit den ruhigen Bildinszenierungen, in denen die jungen Afrikaner ganz selbstbewusst in den für sie fremden Landschaften erscheinen, hat die Fotografin treffende Symbolbilder geschaffen, die sowohl die Selbstwahrnehmung der Protagonisten thematisieren, als auch auf die aktuelle weltpolitische Situation verweisen. So erscheint Sevrouks Serie ganz im Sinne einer zwar zeitgemäßen, aber entrückten Fortsetzung der „Winterreise“.

Jeder der Porträtierten hat seine eigene Lebensgeschichte, seine individuelle Erfahrung von Flucht, Migration und den Wunsch nach Asyl in Europa. Durch ihre gewählte Ästhetik begegnet die Fotografin den Menschen mit Würde und Respekt, wobei die Landschaft den passenden Rahmen schafft, um einen transitorischen Zustand zwischen Inszenierung und Wirklichkeit abzubilden, der die Porträtierten sehr bewusst aus ihrem schwierigen Alltag entrückt. Doch umso mehr Fragen stellen sich dem Betrachter, wenn er versucht, die Bilder zu deuten.

Ekaterina Sevrouk

Sevrouk wurde 1975 in Moskau geboren, von 2010 bis 2015 lebte sie in Wien und in St. Gilgen, Österreich. Seit 2015 ist sie Studentin an der Neuen Schule für Fotografie in Berlin. In den letzten Jahren war sie mit der Serie „Fremd bin ich eingezogen“ an verschiedenen Ausstellungsprojekten beteiligt, u. a. „In Between“, Neue Schule für Fotografie, Berlin 2016; „Alles in schönster Ordnung“, im Rahmen des European Month of Photography, Berlin 2016; „ÖsterreichBilder. Facing Austria“, Salzburg Museum 2017. Ekaterina Sevrouk lebt und arbeitet in Berlin und in Österreich.