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Emilien Urbano: „War of a Forgotten Nation”

Finalist 2017: Emilien Urbano

Seit Sommer 2014 dokumentiert der französische Fotograf Emilien Urbano in seiner Langzeitreportage „War of a Forgotten Nation“ die Kämpfe der verschiedenen kurdischen Milizen für Autonomie und gegen den Islamischen Staat. Kurdische Kämpfer waren gerade an der Befreiung der irakischen Stadt Mossul aus den Fängen des IS beteiligt.

Herr Urbano, worum geht es in Ihrem Projekt?

Seit Sommer 2014 dokumentiere ich zum einen, wie sich Kurden im Irak und in Syrien gegen den selbst ernannten Kalifat-Staat des Abu Bakr Al Baghadi zur Wehr setzen. Zum anderen geht es auch um den Aufstand der kurdischen Jugend in Südostanatolien gegen die türkische Regierung, die sie für heimliche Sympathisanten des Islamischen Staats hält.


Gab es einen besonderen Anlass für ihre erste Reise dorthin?

Ich bin losgefahren, kurz nachdem der Islamische Staat in einem Überraschungsangriff die Stadt Mossul eingenommen hatte, eine der größten und strategisch bedeutsamsten Städte im Irak. Die Eroberung Mossuls war von erheblicher symbolischer Bedeutung für die Dschihadisten, die in der Folge mit ihrer extremen Auslegung des Islam die Versklavung und Ermordung zahlreicher Minderheiten in der Region, wie Jesiden oder auch schiitische Muslime betrieben hatten.

„Die Eroberung Mossuls war von erheblicher symbolischer Bedeutung für die Dschihadisten, die in der Folge mit ihrer extremen Auslegung des Islam die Versklavung und Ermordung zahlreicher Minderheiten in der Region betrieben hatten.“

Mittlerweile kann man sagen, dass Mossul wieder vom IS befreit ist.

Daran hatten die Kurden einen gewichtigen Anteil, zum einen die kampferprobten Peschmerga („die dem Tod ins Auge sehen“) aus der autonomen Region Kurdistan im Nordirak, aber auch Kämpfer, die der in der Türkei verbotenen Arbeiterpartei PKK nahestehen.


„War of a Forgotten Nation“: Was impliziert der Titel Ihres Projekts?

Eingebettet zwischen fremden Reichen, teils nicht anerkannt in ihren Rechten als ethnische Minderheit, siedeln Kurden in der Türkei, im Irak, im Iran und in Syrien. Lange Zeit schon träumen sie von einem unabhängigen kurdischen Staat. Zum ersten Mal in der Geschichte fühlen sie sich, ausgerechnet durch den vom Islamischen Staat in die Welt getragenen Konflikt, der Realisierbarkeit dieses Traums nahe.


Sie waren mit der Kamera …

… an vielen relevanten Schauplätzen im Irak, in Syrien und in der Türkei. Und ich habe fest vor, diese Reportage als Langzeitprojekt fortzusetzen.

Emilien Urbano

Der französische Fotograf hat sich, bevor er sich dem Kampf der Kurden widmete, zwei Jahre lang mit der extremen Rechten im Umfeld des französischen Front National fotografisch auseinandergesetzt und war im Jahr 2013 Leiter der Fotografieabteilung der Unesco. Seine Arbeiten wurden unter anderem in „Le Monde“, „Le Figaro“, „GQ“, „Die Zeit“ und im „Corriere della Serra“ veröffentlicht. Er wird von der Agentur Myop vertreten.