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Vera Torok: „Accidentally on Purpose”

Finalist 2017: Vera Torok

Die Aufnahmen der Serie entstanden mit einer Leica M6 in London, Hongkong und Tokio, doch nicht das Spezifische dieser Metropolen steht im Mittelpunkt, sondern die Fotografin hat für die Komplexität des alltäglichen Lebens im urbanen Raum eine universelle Bildform gefunden. Mithilfe von Doppelbelichtungen präsentiert sie eine überraschend neue Idee von Street Photography.

Frau Torok, könnten Sie bitte zunächst den Titel Ihrer Serie „Accidentally on Purpose“ erläutern?

Die Erklärung des Titels ist so komplex wie die Bilder des Projekts selbst. Einmal hatte ich versehentlich den falschen Film geladen und durch diesen glücklichen Fehler entstand dann eine Art Bild, wie ich es mir immer vorgestellt hatte. Von diesem Moment an habe ich diesen Fehler genutzt, um mein Ziel zu erreichen: Jedes Bild wird mit Absicht aufgenommen, aber wir wissen nicht, wie sich die empfindliche Schicht auf dem Film verhalten wird, wenn wir die zweite Schicht darüberlegen, das ist ganz zufällig, wie die Bilder miteinander verschmelzen. Der „Zauber“ passiert in der Kamera ohne jegliche Photoshop-Manipulationen. Wenn man etwas versucht, um es natürlich aussehen zu lassen, wird man immer das Gefühl haben, dass es inszeniert ist. 

„Ich wollte etwas Neues schaffen, etwas, das in der Street Photography einzigartig ist, dabei aber aus klassischen visuellen Elementen besteht.“

Können Sie im Voraus abschätzen, wie viele überzeugende Doppelbelichtungen sich auf einem Film befinden?

Nach meiner Erfahrung ein Bild pro Rolle, aber das ist unterschiedlich. Man muss sich im Voraus vorstellen, was man am Ende sehen möchte. Man muss Farben, Komposition, Formen und alle kleinen Details planen, um neue Räume zu schaffen.
 

Was möchten Sie mit Ihrem Projekt ausdrücken?

Jedes Mal, wenn ich den Alltag in einer städtischen Umgebung fotografiere, will ich nicht nur Straßenszenen, sondern auch das komplexe Ganze einfangen, wie Menschen im urbanen Alltag, in einer vermischten realen und virtuellen Welt, ständigen Beeinflussungen ausgesetzt, heute leben. Mit der Verschmelzung der visuellen Elemente werden komplexe Bilder geschaffen, was zu Fragen und Reaktionen führt, während der Betrachter in ein mehrschichtiges Bild eintaucht und versucht, es zu verstehen.

Vera Torok

Die 1981 in Budapest geborene Fotografin begann schon als Jugendliche mit der Kamera ihres Vaters zu fotografieren. Auf dem Gymnasium beschäftigte sie sich mit grafischer Gestaltung, studiert hat sie Kommunikation und Wirtschaft. Die Fotografie wurde zur bestimmenden Leidenschaft seit sie mit ihrem Kollegen Robert Pap zusammenarbeitet. Als Kollektiv Gravitatephotos entwickeln sie alle Projekte gemeinsam. Zu den wichtigsten Langzeitprojekten gehören neben „Accidentally on Purpose“ die Serien „Made in Carnival“ (London, seit 2012), „To Follow a Dream (Island, seit 2013), „Waterside Thoughts“ (Europa, seit 2012) und „In The Shadow of Thaw“ (Grönland, seit 2016). Vera Torok lebt und arbeitet in London.